Vorvertragliche Anzeigepflicht und Gesundheitsfragen - ein kritischer Blick auf die Gefahren des Antragsgesprächs für den Versicherungsnehmer unter besonderer Berücksichtigung der Rolle des Versicherungsvertreters

Kurzzusammenfassung des Beitrags „Vorvertragliche Anzeigepflicht und Gesundheitsfragen – ein kritischer Blick auf die Gefahren des Antragsgesprächs für den Versicherungsnehmer unter besonderer Berücksichtigung der Rolle des Versicherungsvertreters“ von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Versicherungsrecht Christian Romahn, im Original erschienen in: Versicherungsrecht (VersR) 2015, S. 1481 – 1485

Vor dem Abschluss eines Personenversicherungsvertrags werden dem potentiellen Versiche-rungsnehmer regelmäßig Gesundheitsfragen gestellt, wie z. B. „Bestehen oder bestanden bei ihnen in den letzten 10 Jahren Krankheiten oder Gesundheitsstörungen, Beschwerden und erfolgten Behandlungen oder Beratungen wegen des Herzens usw.

Oftmals prüft der Versicherer die Richtigkeit der Antworten auf solche Fragen erst dann in-tensiv, wenn der Versicherungsnehmer Leistungsansprüche geltend macht, insbesondere existenzsichernde Berufsunfähigkeitsrenten. Viele Versicherungsnehmer sind überrascht, wenn sich im Rahmen dieser Prüfung des Versicherers falsche Antworten im Formular her-ausstellen und der Versicherer den Vertrag wegen arglistiger Täuschung anficht bzw. wegen vorvertraglicher Anzeigepflichtverletzung den Rücktritt erklärt und sich damit nicht nur vom Vertrag lösen will, sondern auch jegliche Zahlungen ablehnt. Allerdings sind die Vorwürfe der Versicherer nicht immer berechtigt, denn falsche Eintragungen im Formular können gerade auch deshalb zustande kommen, weil ein Vertreter des Versicherers dem Antragsteller die Fragen aus dem Formular unzutreffend vermittelt oder sie umformuliert hat. So kann er sie beispielsweise verharmlost haben, indem er den Antragsteller statt nach allen Krankheiten (so das Formular) nur nach „erheblichen Erkrankungen“ befragt hat.

Der o. g. Beitrag beschäftigt sich mit derartigen Gefahren. Die Rechtsprechung löst das Pro-blem derartiger Diskrepanzen zwischen dem Formular und den Erläuterungen des Vertreters zwar dahingehend, dass der Antragsteller die Fragen nur in der vom Vertreter mündlich vermittelten Gestalt beantworten muss und somit zumindest eine Chance hat, den massiven Vorwurf der Versicherer zu entkräften. Der Verfasser kritisiert hieran, dass der Versiche-rungsnehmer dennoch vor unzulässigen Einflussnahmen von Vertretern nicht ausreichend geschützt ist. Deshalb plädiert er dafür, jedem Versicherer, der Gesundheitsfragen stellt, durch künftiges Gesetz die Pflicht aufzuerlegen, dem Antragsteller vor Ausstellung des Versi-cherungsscheins die Einholung einer Auskunft seiner Krankenversicherers und seines be-handelnden Arztes anzubieten. Wenn der Versicherer dieser Pflicht nicht nachkommt, sollte ihm nach Ansicht des Verfassers gesetzlich die Berufung auf eine Anzeigepflichtverletzung verwehrt werden.

Christian Romahn
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Versicherungsrecht